Neugier ändert alles

„Once you start approaching your body with curiosity rather than with fear, everything shifts.“

Bessel van der Kolk

Situationen ändert sich, je nachdem mit welchen Emotionen wir in sie gehen. Eine lange Zugfahrt ändert ihren Charakter, wenn wir sie wütend, lustvoll, freudig oder neugierig1) begehen. Es ist wie eine Farb-Brille, die wir uns aufsetzen. Sie taucht die Umgebung in verschiedene Farben, blendet manche Dinge aus und lässt andere deutlich aufleuchten. Neugier hat dazu noch eine Extra-Funktion: Wenn wir uns eine Neugier-Brille aufsetzen, machen wir zusätzlich eine Tür in uns auf. Die Tür, mit der wir uns verändern können.
In dem Moment, in dem wir neugierig werden, werden wir Beobachter*in. Als beobachtende Person, sind wir nicht mit unsere üblichen, gewohnheitsmäßigen Haltungen in der Situation involviert. Wir können etwas neu erlernen oder ganz neu in uns anordnen. Sind wir beispielsweise in einem Streitgespräch, können wir uns dafür interessieren, wo wir unsere eigene Wut im Körper fühlen oder welche Argumentationslinie unser Gegenüber darlegt. Und das gibt uns eine winzige Pause. Eine Pause, um zu entscheiden. Nicht einfach weiter zu handeln, wie wir es immer zu tun, sondern etwas neues auszuprobieren. Je nachdem, wofür wir uns entscheiden, finden wir dann vielleicht angemessenere Verhaltensweisen als unsere Gewohnheit. Im Falle unseres Streitgespräch, ist es dann womöglich angemessener, der Wut weiter Raum geben, um z.B. eine Grenze klar abzustecken. Choice. Wahlfreiheit ist auf lange Sicht von Vorteil!

Doch wir müssen auch dieden Beobachterin beobachten. Oft springen bei Selbst-Beobachtungen schon innere Kritikerinnen oder eigene Antreiberinnen mit an: „Mach schneller!“ „Du bist nicht gut genug!“ etc. Auch unsere eigenen Selbst-Beobachter*innen müssen Selbst-Liebe lernen mit Geduld und liebevoller Selbstbetrachtung.

Wie geht das? Well, it`s a process.
Hier eine kleine Übung, um deine Neugier zu ankern und mehr auszuweiten in deinem Alltag:

  1. Frage dich: Wie fühlt sich eine offene, freundliche Neugier in dir an? An welchem Ort in dir fühlst du eine Veränderung, wenn du neugierig wirst? Ankere diese Empfindungen in dir mit einem Bild oder einer Geste.
  2. Setze oder lege dich bequem hin. Suche dir eine typische Alltagssituation heraus, die heute oder im laufe der letzten Wochen passiert ist. Nimm eine Situation die nicht besonders positive oder negative Gefühle weckt. Verbinde dich mit deinem Neugier-Anker und versetze dich bewusst in die Empfindungen, die für dich Neugier bedeuten. Wie wäre es, bewusst diese Alltagssituation mit Neugier zu erleben? Worauf würdest du nun den Fokus legen? Was würde dir ins Auge springen, was würdest du hören oderentdecken? Was ändert sich emotional? Welche neuen Handlungsmöglichkeiten tauchen auf?
  3. Wenn du deine Neugier stärker in dir geankert hast, wage dich auch gern an Situationen, die emotional etwas intensiver sind.

Viel Spaß beim Experimentieren!

Lust auf mehr Übungen, um Veränderungen zu erleben? Komm gern in Kontakt zu mir!

1) Neugier wird nicht von allen Autoren als eine Grundemotion geführt. Hier gibt es noch Diskurse in der Wissenschaft zur Einteilung. Panksepp entspricht Neugier dem biologischen “seeking”, ein primäre Gefühl. z.B. führt Neugier im Bereich “seeking”. Ein englischer Beitrag von Panksepp zum Thema Emotionen findet sich hier.